Im Dezember 1997 hätten wir in Cottbus das 100jährige Bestehen der Auguste-Stiftung feiern können. Das wir es nicht taten, lag wohl darin begründet, dass die Auguste-Stiftung nur noch den älteren Cottbusern in Erinnerung ist und die Existenz der Stiftung in Folge des Verwaltungshandelns in der Zeit der DDR rechtlich umstritten war. Die Auguste-Stiftung war über vierzig Jahre nicht mehr tätig, das Stiftsgebäude in der Feigestraße allenfalls eine architektonische Attraktion. Als die Cottbuser Kaufmannswitwe Auguste Löber, geborene Feige, am 13.01.1897 zwei Tage vor ihrem Tod die Stiftung per Testament verfügte, geschah dies im historischen Kontext der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) im Deutschen Reich, welches nach seiner Ausfertigung am 18. August 1896 am 1. Januar 1900 in Kraft trat.
Diesem Gesetzeswerk verdankt die Auguste-Stiftung ihre Weiterexistenz, ihr Überleben bis 23.September 1998 - und nun darüber hinaus - als per Feststellungsbescheid des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg das Bestehenbleiben der Stiftung von ihrer Gründung an rechtskräftig statuiert wurde. An Versuchen die Stiftung aufzulösen, hat es in den 50er Jahren nicht gefehlt, Stiftungszweck und religiöse Orientierung der Stiftung waren der Arbeiter- und Bauernmacht suspekt, selbst nach der Herstellung der Deutschen Einheit schien die Existenz der Stiftung ein zunächst zusätzliches und zudem unlösbares Problem darzustellen. Doch mit dem Einführungsgesetz vom 21.September 1994 zum Bürgerlichen Gesetzbuch hatte die Auguste-Stiftung ihren Bestandsschutz erhalten, ein überzeugender Beweis der Rechtsstaatlichkeit in unserem Land.
Am 24. September 1998 konstituierte sich das neue Kuratorium. Die Rückübertragung der Grundstücke, die Neufassung der Satzung, die Neuordnung der Verwaltung und die Feststellung des Vermögens der Stiftung wurden mühevoll, zielstrebig und erfolgreich realisiert.
Und damit wurde ein weiteres Stück Geschichte unserer Heimatstadt wieder lebendig. Eine Bürgerin der Stadt Cottbus, Frau Auguste Löber, geb. Feige, erfährt nun wieder die Ehrung, die ihr über 50 Jahre versagt wurde, eine Frau, die in ihrer Heimatstadt Bedrückendes erlebte und trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - aus ihrem gelebten christlichen Glauben heraus der Stadt eine soziale Einrichtung hinterließ, deren Folgefinanzierung ebenfalls über das Stiftungsvermögen geregelt wurde. Heute, wo wir an die Leistungsgrenzen des Sozialstaates stoßen, steht uns die Auguste-Stiftung wieder zur Verfügung. Die Stiftung ist unserem Zeitgeist und den aktuellen Problemlagen entsprechend moderner geworden, aber der Wille der Stifterin als unantastbares Rechtsgut wird auch über 100 Jahre nach ihrem Tod verwirklicht werden.